KI als Lernbegleiter: Didaktisch aufbereitete Intelligent Agents mit Sidekick Server erstellen
Ein Partnerbeitrag von Saskia Moseke von der Tobit Software GmbH
Der Gedanke, Künstliche Intelligenz auch im Unterricht einzusetzen ist längst in vielen Lehrerzimmern angekommen. Besonders individuell angepasste Intelligent Agents sind eine großartige Lösung, um Lernprozesse individuell zu begleiten. Selbst wenn die technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wissen viele nicht, worauf man bei der Erstellung eines solchen Agents achten muss und wo man überhaupt anfängt.
Für einen einfachen Einstieg erklärt dieser Leitfaden, wie Sie mit Sidekick Server Ihren eigenen Intelligent Agent für Ihre Schülerinnen und Schüler erstellen können.
1. Das Konzept des pädagogischen Intelligent Agents verstehen
Ein guter pädagogisch aufbereiteter Intelligent Agent ist mehr als nur eine Wissensdatenbank oder ein automatisierter Antwortgeber. Im Idealfall unterstützt er die Schüler als digitaler Lernbegleiter durch geschickte Fragestellungen, gezielte Hinweise und sinnvolle Denkanstöße, die zum selbstständigen Problemlösen befähigen.
Es ist wichtig die Balance zu finden: Sie sollen einerseits eine hilfreiche Unterstützung bieten, andererseits dürfen sie nicht zu viel von der Lösung oder dem Lösungsweg vorwegnehmen. Ein gelungener Agent orientiert sich an sokratischen Gesprächstechniken, stellt zielführende Fragen und gibt dosierte Hilfestellungen, ohne direkte Lösungen zu präsentieren. Er motiviert, gibt konstruktives Feedback und passt seine Kommunikation an das Niveau des jeweiligen Lernenden an.
2. Vorbereitung: Didaktische Überlegungen vor dem Briefing
Genau wie bei der Unterrichtsvorbereitung sollte man zunächst einige grundlegende didaktische Überlegungen anstellen, bevor man mit dem Briefing eines Agents startet. Jede Lerngruppe ist verschieden und so verschieden sind auch die Intelligent Agents. Einen guten Rahmen bieten folgende Punkte, die je nach Schulart, Lerngruppe und Anwendungsszenario angepasst werden können:
Lernziele definieren: Was sollen die Schülerinnen und Schüler durch die Interaktion mit dem Agent konkret lernen? Geht es um Faktenwissen, Methodenanwendung, Problemlösungsfähigkeiten oder um das Trainieren von Argumentationskompetenzen?
Zielgruppe analysieren: Für welche Altersgruppe, Klassenstufe und welches Leistungsniveau soll der Agent konzipiert werden? Welche Vorkenntnisse bringen die Lernenden mit?
Fachliche Eingrenzung: Welche konkreten Inhalte und Kompetenzfelder soll der Agent abdecken? Welche fachspezifischen Anforderungen müssen berücksichtigt werden?
Methodischer Ansatz: Welche pädagogischen Konzepte sollen im Dialog zwischen Agent und Lernenden zum Tragen kommen? Wie stark soll das Element der Selbststeuerung ausgeprägt sein?
3. Praktisches Beispiel: Einen Mathematik Sparringspartner für die 9. Klasse erstellen
Für unser Beispiel möchten wir einen Intelligent Agent entwickeln, der Neuntklässlern beim Verständnis quadratischer Funktionen unterstützt. Der Agent soll dafür …
- … als mathematischer Coach fungieren, der zum eigenständigen Erkunden und Lösen anleitet.
- … unterschiedliche Herangehensweisen an Probleme aufzeigen.
- … typische Fehlerquellen erkennen und durch gezielte Fragen zur Selbstkorrektur anregen.
- … Schülerinnen und Schüler bei der Anwendung der theoretischen Grundlagen in Textaufgaben unterstützen.
3.1 Identitätsgestaltung
Im ersten Schritt legen wir die Identität des Agents fest. Wenn man selbst schon eine genaue Vorstellung hat, können die Anpassungen natürlich in Eigenleistung vorgenommen werden. Ansonsten kann man sich gemeinsam mit einem KI-Modell einen Agent erarbeiten und sich bereits bei der Ideenfindung unterstützen lassen. In diesem Fall arbeiten wir mit Claude 3.7 Sonnet, da dieses Modell in Sprachlichkeit und Kreativität punktet.
Da wir den Schülerinnen und Schülern eine junge Lernbegleiterin mitgeben wollen, die eher als Freundin statt als Autoritätsperson auftritt, entscheiden wir uns für den ersten Vorschlag Quadra Quinn, die Gleichungsdetektivin.
Modellauswahl
Während das Briefing das Herzstück eines Intelligent Agents ist, kann es in einigen Fällen auch entscheidend sein, auf welchem KI-Modell ein Agent basiert. Dabei ist zum einen das Fach und zum anderen die Komplexität der Aufgabe, die der Agent erledigen soll, entscheidend. Zwei mögliche Modelle für unser Mathe-Beispiel sind o4 Mini von OpenAI oder Gemini 2.5 Pro, da sie in den für den mathematischen Bereich wichtigen Aspekte Logisches Denken und Berechnungen ähnliche Leistung liefern.
Für dieses Beispiel wählen wir zunächst das Modell o4 Mini als Basis für Quadra Quinn, da der Agent neben Bildern auch andere Dateien verarbeiten können soll.
Profilbild
Quadra Quinn soll natürlich ein vollständiger Charakter sein, weshalb wir mit der integrierten Bildgenerierung in Sidekick Server einfach einen passenden Headshot erstellen. Dafür starten wir einen neuen Chat mit Nova, die als Künstlerin bei Sidekick als System Agent integriert ist. Mit ein paar Eckdaten zu Quadra Quinn können wir uns ein passendes Bild im gewünschten Stil generieren lassen. Wir wollen ein Bild im Stil von Disney Pixar, aber auch Bilder mit realistischen Darstellungen, im Comic-Stil oder im Marvel-Stil sind möglich.
3.2 Das Briefing
Das Briefing eines Agents ist bei Sidekick Server in eine feste Struktur gegliedert. Es hilft, dem Agent präzise Anweisungen in kurzen kompakten Stichpunkten im Imperativ zu geben.
Auch für das Briefing von Quadra Quinn können wir uns von KI unterstützen lassen und einen ersten Rahmen erarbeiten. Wichtig ist, in dem Prompt den nötigen Kontext für den speziellen Anwendungsfall mitzuliefern, wie z.B. Kommunikationsstil, Lern- und Wissenstand, übliche Fehlerquellen und Schwierigkeiten, Kompetenzen, die speziell geschult werden sollen, etc. Wenn bestimmte Punkte nicht zufriedenstellend sind, kann man das Briefing in Zusammenarbeit mit der KI anpassen und weitere Kriterien hinzufügen.
Verhaltensregeln
In den Verhaltensregeln kann man dem Agent Vorgaben zu seiner Persönlichkeit, dem Umgang mit den Schülern, dem Tonfall etc. machen. Da wir mit Quadra Quinn eine Gleichungsdetektivin geschaffen haben, wollen wir ihren Charakter mit den Eigenheiten einer Detektivin ausstatten. Darüber hinaus geben wir ihr Regeln zu ihrem Kommunikationsstil mit, der wertschätzend, motivierend und unterstützend ist.
Grundsatz
Der Grundsatz dient als zentrale Leitlinie und sollte nur für elementare Anweisungen verwendet werden. Er greift tief in den Antwortprozess ein und sollte daher:
- Prägnant und eindeutig formuliert sein
- Nur bei Bedarf eingesetzt werden
- Konsistent mit den übrigen Verhaltensregeln sein
Gerade im Schulkontext ist der Grundsatz hilfreich, um zu verhindern, dass der Agent zu viel von der Lösung preisgibt. Für Quadra Quinn setzen wir deswegen Folgendes ein: „Gib keine direkte Lösung an, sondern hilf nur schrittweise. Motiviere zur Mitarbeit und kontrolliere dich stets selbst.“
Hintergrundwissen und Kompetenzen
Unter den zusätzlichen Informationen listet man nun das für den Agent relevante Hintergrundwissen auf. Da Quadra Quinn bei der Vorbereitung für die Klassenarbeit unterstützen soll, müssen wir ihr unter Fachwissen zu quadratischen Gleichungen den fachlichen Rahmen definieren, in dem sie sich bewegen soll. Außerdem können Differenzierungsansätze mitgegeben werden und Beispielaufgaben als PDF hochgeladen werden, nach welchem Format sie weitere Übungsaufgaben stellen soll.
Weitere Inhalte, die man individuell und auf die Lerngruppe angepasst im Briefing hinzufügen kann:
- übliche Fehlvorstellungen mit passenden Erklärungen
- Vorformulierte Hilfestellungen, wenn die Schüler an bestimmten Stellen nicht weiterkommen.
- Im Unterricht festgelegte Schreibweisen, Formulierungen, etc.
- Bereits im Unterricht erarbeitete Inhalte und Vorkenntnisse
- Grenzen und Limitierungen
3.3 Die Werkzeuge
Neben den Verhaltensregeln und individuellen Informationen, die man einem Intelligent Agent mitgibt, kann man ihn mit zusätzlichen Tools ausstatten. Dazu gehören z.B. die Anbindung von Python, Bildgenerierung und eine vom Modell ausgelagerte Websuche. Je nachdem welches Tool man hinzufügt, muss das Briefing ggf. mit Vorgaben zu der Nutzung dieses Tools ergänzt werden.
Für Quadra Quinn entscheiden wir uns für die Anbindung von Python, wodurch wir sie befähigen komplexe Daten anschaulich aufzubereiten, Graphen zu erstellen und Dateien (Word, PPT, etc) zu generieren.
4. Tipps für ein erfolgreichen Agent-Briefings
Damit ein Intelligent Agent als pädagogischer Lernbegleiter funktioniert, gibt es einige Punkte, die man integrieren kann. Nicht alle dieser Tipps müssen immer eingehalten werden, das hängt immer vom jeweiligen Anwendungsfall ab.
- Klare Rollenabgrenzung mit präzisen Anweisungen
- Sokratischen Dialog einfordern
- Scaffolding-Methode explizit definieren
- Offene Fehlerkultur
- Alternativen anbieten, wenn Grenzen gesetzt werden
- Hilfsbereitschaft eingrenzen
- Länge und Komplexität, hier ist weniger häufig mehr
Qualitätssicherung und Optimierung
Vor einem Einsatz eines Intelligent Agents, ist es immer sinnvoll ihn gründlich zu testen. Nehmen Sie selbst die Rolle eines Schülers oder einer Schülerin mit verschiedenem Leistungsniveau ein und holen Sie sich kollegiale Rückmeldung zur fachlichen Korrektheit und pädagogischem Mehrwert ein.
Auf Basis der Testdurchläufe können nun gezielte Anpassungen am Briefing vorgenommen werden. Dabei kann es hilfreich sein, besonders gelungene und problematische Dialogbeispiele zu dokumentieren.
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