Sidekick Server ist eine Plattform, mit der sich Künstliche Intelligenz bedarfsgerecht und DSGVO-konform in den Unterricht integrieren lässt. Entwickelt von Tobit Software aus Ahaus, wird die KI-Plattform in dem Forschungsprojekt KIMADU eingesetzt. In dem vom Bildungsministerium NRW initiierten Projekt erforscht und erprobt die Universität Siegen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und insbesondere den Einsatz von intelligenten, KI-basierten Agents im Mathe- und Deutschunterricht. Während viele Lehrkräfte motiviert sind, neue Tools ihren Unterricht zu integrieren, scheitert dies häufig an fehlenden Erfahrungswerten in der Herangehensweise und fehlenden Use Cases.
Was genau sind Intelligent Agents?
Künstliche Intelligenz hält Einzug in unsere Schulen und verändert das Lehren und Lernen. Der Schlüssel liegt dabei in digitalen Assistenten, die auf einen Fachbereich, eine Lerngruppe und individuelle Lerninhalte spezialisiert sind: ein Mathe-Tutor, der geduldig Schritt für Schritt erklärt, ein Deutschlehrer, der wie ein Zeitreisender aus der Goethe-Zeit spricht, oder eine 3D-Expertin, die komplexe Geometrie anschaulich macht. Genau das sind Intelligent Agents – sie sind spezialisierte KI-basierte Lernbegleiter, die unterschiedliche Rollen und Persönlichkeiten übernehmen können.
Mehr als nur ein Chatbot
Der entscheidende Unterschied zu herkömmlichen Chatbots liegt in der Anpassungsfähigkeit. Während bisherige Chatbots häufig mit vorgefertigten Antworten eher Frustration verursachen als zu helfen, passen sich Intelligent Agents an ihre jeweilige Rolle an. Sie nehmen ihre zugewiesenen „Persönlichkeiten“ an, sind Experten für ihren Aufgabenbereich und können so individuell auf die Nutzer eingehen.
Konfiguration durch natürliche Sprache
Das Besondere an Intelligent Agents: Sie lassen sich mittels eines natürlichsprachlichen Briefings bedarfsgerecht und für jedes denkbare Szenario konfigurieren. Entscheidend ist dabei, dem Agent eine klare Rolle sowie eine passende Persönlichkeit zu geben. Nur so wird sichergestellt, dass er seine Aufgabe optimal erfüllt. Bei der Konfiguration können verschiedene Elemente definiert werden:
Verhaltensregeln: Tonalität und Auftreten des Agents
Grundsätze: Kernprinzipien, die als ständige Leitlinie dienen
Fachkompetenzen: Spezifisches Wissen für den jeweiligen Einsatzbereich
Diese durchdachte Konfiguration ermöglicht es dem Intelligent Agent, Fachwissen und komplexe Aufgaben anschaulich und interaktiv zu vermitteln. Statt statischer Informationen, wie sonst in Schulbüchern und Videos, bietet er dynamische, auf den Nutzer zugeschnittene Unterstützung an.
Modelle, Fachwissen und Skills
Intelligent Agents basieren auf Large Language Models (LLMs), also auf sprachbasierten KI-Modellen. Eigentlich jeder hat schon ChatGPT schon selbst genutzt oder mindestens davon gehört. Dass es überhaupt noch eine Vielzahl an anderen LLMs gibt, ist vielen Menschen gar nicht bekannt. Auch wenn man auf den ersten Blick denken könnte, jedes dieser Sprachmodelle ist gleich, überzeugen die Modelle dennoch in jeweils verschiedenen Kategorien und sind unterschiedlich leistungsfähig. Jedes LLM wird nach standardisierten Benchmark-Tests in Kategorien wie Logisches Denken, Berechnungen, Kreativität und Sprachlichkeit getestet. Auf dieser Grundlage bieten die Sprachmodelle die optimale Basis, um Intelligent Agents für die Schule, Uni und Unternehmen zu entwickeln.
Unified-AI mit Sidekick Server
Sidekick bietet Zugriff auf die weltweit führenden Modelle und ermöglicht pro Intelligent Agent die gezielte Modellauswahl. So eignen sich beispielsweise Claude-Modelle besonders für sprachliche und kreative Aufgaben, während Grok-Modelle bei technischen Fragestellungen punkten. Über die in die Oberfläche integrierten Skalierungen durch Benchmark-Tests lässt sich auf einen Blick das passende Modell auswählen.
Rollenbezogene Funktionen
Je nach Einsatzgebiet lassen sich den Intelligent Agents passende Fähigkeiten zuweisen: Bild- und Videogenerierung für kreative Projekte (inklusive Modellauswahl), Songgenerierung für den Musikunterricht sowie die Integration von Python und Wolfram|Alpha für grafische Darstellungen und naturwissenschaftliche Themen. Wie in einem Werkzeugkasten kann man so das richtige Tool für das gewünschte Anwendungsszenario auswählen.
Die Kombination aus dem KI-Modell mit den besten Voraussetzungen und den benötigten Funktionen macht Intelligent Agents zu echten Fachexperten. Sie verfügen nicht nur das Allgemein- und spezielles Fachwissen, sondern bringen die richtigen Werkzeuge für präzise Ergebnisse mit.
Weniger ist mehr
Intelligent Agents sollten nicht mit Funktionen und Daten überladen werden, da zu viel Komplexität die Qualität mindern kann. Sowohl bei Sidekick Server als auch bei anderen Systemen sind schlanke, fokussierte Setups oft effektiver und stabiler.
MCP-Anbindung
Wenn ein Agent dennoch auf umfangreiches Wissen oder externe Systeme zugreifen soll, hilft die MCP-Anbindung. MCP steht für Model Context Protocol und fungiert als Schnittstelle zwischen einem LLM und externen Systemen. So können Intelligent Agents etwa auf Datenbanken zugreifen, Protokolle zusammenfassen und eigenständig Aktionen ausführen, wie etwa Termine in den Kalender eintragen oder E-Mails verschicken.
Datenschutz im Fokus
Der KI-Einsatz in Schulen und Universitäten wird oft durch Datenschutzbedenken ausgebremst. Sidekick setzt daher auf eine NER-Technologie (Named Entitiy Recognition). Diese erkennt personenbezogene Informationen automatisch und ersetzt sie durch anonyme Platzhalter, bevor die Nutzeranfrage an das LLM geschickt wird. Ein Proxy-Server stellt zusätzlich sicher, dass Nachrichten anonymisiert weitergeleitet werden. Das macht die Technologie 100 % DSGVO-konform.
Use Cases im Bildungsalltag
Die beschriebenen Funktionen machen Sidekick Server besonders flexibel und erleichtern die Integration in den Schulalltag. Statt wie native KI-Modelle stets vollständige Antworten und ausformulierte Texte zu liefern, lassen sich die Intelligent Agents per Briefing so konfigurieren, dass sie didaktisch wertvolle Rückmeldungen geben. Sie regen dementsprechend Denkprozesse durch Fragen an, bereiten Informationen und Erklärungen anschaulich auf und begleiten und steuern den Lernprozess über einen gezielten Ablauf.
Ein konkretes Beispiel aus dem Mathematikunterricht verdeutlicht das Potenzial: Zum Einstieg in die Kurvendiskussion analysieren die Schülerinnen und Schüler einer elften Klasse mit einem Intelligent Agent als digitalen Lernbegleiter die Geschwindigkeitsentwicklung eines Autos in der Kurve.
Der spezialisierte Intelligent Agent für Kurvendiskussion führt die Klasse systematisch durch den Lernprozess. Wo steigt oder fällt die Kurve? Wo liegen Hoch- und Tiefpunkte und welche Bedeutung haben sie im Alltag? Statt fertige Lösungen zu präsentieren, stellt der Agent gezielte Fragen, bereitet Messdaten verständlich auf und erzeugt aussagekräftige Grafiken.
Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich so eigenständig und in ihrem eigenen Tempo die neuen Inhalte oder bereiten sich mit KurvenKai als Lernbegleiter auf die Klausur vor. So wird die Kurvendiskussion von einer abstrakten mathematischen Vorgehensweise zu einer anschaulichen, interaktiven Erfahrung mit direktem Alltagsbezug.
Auch an Universitäten eröffnen spezialisierte Intelligent Agents neue Lernwege. Ein praktisches Beispiel aus der Germanistik ist die Analyse des Spannungs-und Emotionsverlaufs von Fontanes „Effi Briest.
Ein literaturwissenschaftlicher Analyse-Agent fungiert dabei als digitaler Coach. Statt fertige Interpretationen zu liefern, leitet er die Studierenden durch gezielte Fragen zur eigenständigen Analyse an. Er hilft beim systematischen Strukturieren der Handlung – von der Exposition über Wendepunkte und Höhepunkt bis zur Auflösung.
Der Agent sammelt relevante Textstellen zu Schlüsselereignissen und unterstützt die Gruppe oder den einzelnen Studierenden dabei, gemeinsam eine übersichtliche Visualisierung mit markierten Wendepunkten und textbasierten Begründungen zu entwickeln. Auf Wunsch generiert er zusätzlich Schreibimpulse für die anschließenden Interpretationsabschnitte.
Ziel der Intelligent Agents ist es so die traditionelle Vermittlung von Lerninhalten durch digitale Unterstützung zu individualisieren, ohne die Lösung zu verraten oder zu bewerten. Die Schülerinnen und Schüler und die Studierenden bleiben die Akteure in der Bearbeitung ihrer Aufgaben, werden aber methodisch angeleitet und entlastet.
Über die Autorin
Saskia Moseke ist KI-Botschafterin bei Tobit Software in Ahaus und als ehemalige Lehrerin die Ansprechpartnerin für alle Themen rund um KI im Bildungsbereich. Unter anderem betreut sie dabei für Tobit als Technologiepartner das KI-Forschungsprojekt KIMADU in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Schule und Bildung NRW und der Universität Siegen.
✅ Dieser Partnerbeitrag ist Teil einer bezahlten Kooperation