Wie du KI-Bilder und GPTs effektiv im Sprachunterricht einsetzt: 12 praktische Anwendungen
Ein Beitrag von Michaela Kühl
Als Lehrkraft stehst du vor der Herausforderung, deinen Sprachunterricht jeden Tag aufs Neue spannend und effektiv zu gestalten. Für mich sind KI-Bilder, Bild-Generatoren und auch Custom GPTs dabei inzwischen unverzichtbar geworden, denn ich nutze Bilder jeden Tag für die unterschiedlichsten Zwecke.
In meinen Workshops zu „KI im Sprachunterricht“ stelle ich deshalb einige Bild-Generatoren vor und auch Custom-GPTs (OpenAI) wie „Deutsche Redewendungen“ und „English Idioms“, mit denen jeder ganz ohne Vorkenntnisse und ohne jeden Aufwand großartige Bilder bekommt. Ich zeige einige Beispiel-Bilder und höre dann oft: „Das sind phantastische Bilder und auch die GPTs sehen interessant aus, aber wie setze ich die nun ganz konkret im Unterricht ein?“
Deshalb stelle ich hier nun 12 erprobte Anwendungsfälle vor – für Unterrichtsvorbereitung, den Einsatz im Unterricht und asynchrones Lernen:
1) Unterrichtsvorbereitung: Ich frage zuerst ChatGPT oder Claude, was die am häufigsten genutzten Redewendungen im Deutschen/Englischen … sind. Denn natürlich ist es sinnvoll, mit denen zu beginnen, denn wir wollen ja praxisrelevante Dinge lernen. Die ausgewählten Wendungen gebe ich im GPT ein und erhalte: 1. Ein tolles Bild, 2. die Bedeutung der Wendung und 3. auch die Herkunft in angenehm knapper Form.
Mit dem Befehl: „Übersetz ins Türkische! Persische! Arabische usw. …“ bekomme ich den ganzen Text auch gleich übersetzt, – in die Sprachen all meiner Lerner. Das ist nützlich, falls mal jemand nicht versteht, was gemeint ist. So kann man auch langsamere Lerner mitnehmen. Mit „again“ erhalte ich mühelos weitere Bilder zur selben Redewendung.
Diese bearbeite ich fast immer direkt im GPT weiter, z.B. mit: „Erhöhe die Auflösung!“ „Zeig die Szene als Gemälde von Caravaggio.“ „Mach daraus einen Comic!“ Nun habe ich das Material, das ich für den Unterricht brauche. Ich packe alles in eine Präsentation und hab es dann im Unterricht griffbereit.
2) Einstiegssaktivität: Text-Bild-Zuordnung: Dazu hänge ich gern 10 Bilder zu Redewendungen an der Pinnwand auf (Whiteboard geht genauso) und teile die Klasse in Teams auf. Jedes Team bekommt einen Zettel mit 10 Redewendungen, denen sie gemeinschaftlich die 10 Bilder zuordnen sollen. Das ist ein erstes Heranantasten. Die Parallelen Wort – Bild helfen und man hilft einander. Ein netter Einstieg, der den Teamgeist stärkt. Mir ist es wichtig, dass die Lerner mit immer wieder neuen Partnern arbeiten, das stärkt das Selbstvertrauen.
3) Vertiefendes Gespräch + interkultureller Austausch: Via Whiteboard präsentiere ich die Redewendung + Bedeutung, Herkunft und 2-3 Bilder und wir sprechen in Gruppen und im Plenum: Kennst du diese Wendung auch aus deinem Land? Habt ihr etwas Ähnliches? Was sagt man in deiner Sprache in dieser Situation?
Die Lerner mögen das, denn niemand ist natürlich so sehr Experte für ihr Land wie sie. Also erzählen sie gern … Es gibt Interessantes zu entdecken: so viele Parallelen! Manchmal auch kurioses … und auch eigene Klischees zu entlarven: Als ich das Bild zur schwedischen Redewendung sah: „Die Axt in den See werfen“, dachte ich: Ui, robust! Wir Deutschen werfen allenfalls das Handtuch, oder??? … Aber das war Quatsch. 2 Minuten später sagte jemand: Die Flinte ins Korn werfen? – Ist nicht harmloser als Axt in den See!
4) Argumentieren üben: Ich lasse die Teilnehmer nun Kleingruppen bilden: Zu dritt oder zu viert sollen sie entscheiden, welches der 4 Bilder, die ich mitgebracht habe, am besten zur Bedeutung der Redewendung passt, am ehesten beim Einprägen hilft.
Sie müssen ihre Wahl erläutern, begründen, auf die Argumente der anderen Gruppenmitglieder eingehen, ihren Standpunkt verteidigen. Anschließend wiederholen wir das im Plenum und es wird entschieden, welches Bild letztlich in die PPt-Sammlung kommt, mit der wir die schon gelernten Redewendungen regelmäßig wiederholen.
5) Hausaufgabe: Erzeuge selbst ein Bild zu deiner Lieblingsredewendung im Deutschen. Der Lerner denkt über seine Wahl nach, über die Bedeutung und durch die produktive Auseinandersetzung prägt sich viel ein. Wir vergleichen am nächsten Tag alle Bilder und prämieren das schönste. Auch hier ist der GPT hilfreich, denn auch in der kostenlosen Version liefert er immer einen Bild-Prompt.
6) Individuelles Erkunden von Redewendungen mit dem GPT: Beim asynchronen Erkunden und Lernen ist der GPT ein ideales Recherche- und Lern-Tool: Die Lerner können sich vom GPT mit „next“ überraschen lassen, oder mit der Eingabe von 2 Wörtern einer Wendung gezielt suchen, den Text bekommen, ihn bei Unsicherheit auch in ihre Muttersprache übersetzen lassen. Die Textmenge und Schwierigkeitsgrad sind wirklich ideal, um Lerner bei der Stange zu halten. Der erzeugte Bildprompt kann gut in anderen kostenlosen Bild-KIs genutzt werden: z.B. Ideogram, Nightcafe, Microsoft Designer.
Ich kann sagen, dass ich auf diese Weise mit dem English-Idioms-GPT meine Kenntnisse englischer Wendungen wirklich massiv verbessert habe.
7) Tabu-Spiel: Eins der Lieblingsspiele in meinen Kursen ist Tabu. Es fördert das spontane Sprechen enorm. Dazu sitzt ein Teilnehmer mit dem Rücken zur Tafel bzw. dem Whiteboard und ich blende hinter ihm Bild und Text einer Redewendung ein. Die anderen Lerner der Gruppe erklären ihm nun die Wendung, Tabu ist dabei jedes Wort, das auf dem Whiteboard zu sehen ist. Dabei geht es meist wild und laut zu und es wird sehr viel gelacht dabei.
Eine Variante: Du teilst die Klasse in 2 Teams und jedes Team wählt seinen Erklärer. Der steht vorn und muss eine kleine Liste mit Redewendungen seinem Team erklären, Zeitvorgabe: 2-3 Minuten. Sieger ist das Team, das die meisten Wendungen in der Zeit richtig erraten hat.
8) Schnelle Wiederholung zur Festigung: Wenn kurz vor der Pause oder dem Unterrichtsende noch 2-3 Min. bleiben, wiederhole ich gern bereits gelernten Stoff. Dazu zeige ich die vertrauten Bilder und sobald die Lerner die richtige Redewendung ins Plenum rufen, schwebt sie ein und es geht zur nächsten. Weil diese Wiederholung mit Bildern so extrem schnell geht, sind viele Wiederholungsschleifen machbar und es lernt sich wirklich schnell.
9) Digitales Quiz oder Memory: Drucke die Bilder und die Texte auf Karten gleicher Größe und laminiere sie. Die Lerner können dann in 2er-Teams um die Wette spielen. Oder du erzeugst ein virtuelles Memory/Quiz auf Wordwall. Dort machst du eine Zeitvorgabe. Ich gebe so etwas gern als Hausaufgabe: Spielt um die Wette! Wer schafft es am schnellsten? Das Ranking der Klasse ist auf Wordwall sichtbar. (Jeder gibt sich selbst einen Namen.)
10) Präsentation üben: Eine Hausaufgabe lautet: Stell uns in 3 min. eine Redewendung aus deiner Heimat vor. Erklär die kulturellen Hintergründe, vergleiche mit Deutschland…
11) Arbeitsblätter: Mit ChatGPT, Claude und Co. ist das Erstellen von Multiple-Choice-Quiz, Lückentexten oder Zuordnungsaufgaben Sekundensache. Die Bilder liefert wieder der Redewendungs-GPT. Zum Schluss druckst du ganz traditionell das Arbeitsblatt aus.
12) Video-Wettkampf: Mach ein kleines Video aus den Redewendungsbildern. Auf Canva kannst du kinderleicht mit drag + drop alle Bilder zu einem Video verbinden. Und dann einfach herunterladen. Fertig. Spiel das Video im Kurs 2 oder 3x ab und teile die Klasse in Teams: Welches Team hat die meisten Redewendungen notiert, die im Video zu sehen waren? PS: Wusstest du übrigens, dass du als Lehrer Canva Edu (= quasi Pro) kostenlos nutzen kannst?