Von jetzt auf gleich alles digital

Auch in diesem Semester bereiten sich mehr als 200 Geflüchtete auf ein Studium an der RUB vor, der Umstieg auf ausschließlich digitale Angebote setzt auf Nachhaltigkeit.

Ulrike Herrlich und Lisanne Blümel haben mit ihren Kolleginnen des International Office der RUB Anfang März 2020 vor der großen Herausforderung gestanden, das gesamte studienvorbereitende Programm für Geflüchtete auf digitale Plattformen zu übertragen. Im Gespräch berichten sie über Vor- und Nachteile des digitalen Lernens und ihre Planungen für das nächste Semester.

Geben Sie uns doch bitte einen Rückblick auf die Situation kurz vor der Schließung des Campus.
Herrlich: Anfang März hatten wir 120 Studieninteressierte mit Fluchthintergrund auf den Campus eingeladen, gemeinsam mit uns in die Studienvorbereitung zu starten und als ersten Schritt einen Einstufungstest für Deutschkurse zu absolvieren.

Genau in der Woche der Schließung des Campus sollte diese Prüfung stattfinden und wir mussten sehr schnell entscheiden, welches alternative Online-Angebot wir für diese Menschen finden können, die alle bisher noch kaum Kontakt zu uns oder zur Universität hatten.

Welche Angebote konnten Sie so schnell umsetzen?
Herrlich: Die Anfängergruppen in unserem Programm „Integra“ werden normalerweise von ehrenamtlichen Deutschlehrenden unterrichtet, die vorab von den Kollegen aus dem Bereich Deutsch als Fremdsprache geschult werden. Diese Option entfiel in diesem Semester und wir haben geschaut, welche Sprachschulen Onlinekurse anbieten, die für angehende Akademiker geeignet sind.

Viele unserer Teilnehmenden sind noch im Asylverfahren.

– Lisanne Blümel

Blümel: Wichtig war uns dabei, dass die Sprachkurse auch über eine App auf dem Smartphone funktionieren, denn viele unserer Teilnehmenden sind noch im Asylverfahren, das heißt, sie sind meist in Sammelunterkünften untergebracht und habe selten technische Ausstattung und nur schlechten Internetempfang.

Trotz dieser schwierigen Ausgangsbasis haben sich alle Teilnehmenden sofort auf die neuen Rahmenbedingungen eingelassen und angefangen, Deutsch zu lernen. Wir werden in den nächsten Wochen, wenn die ersten Tests anstehen, sehen, wie erfolgreich sie dabei waren.

Gab es zusätzlich zu den Sprachkursen Workshops oder ähnliches?
Herrlich: Wir hatten in den vergangenen Semestern schon viel Wert daraufgelegt, die Geflüchteten mit den Online-Angeboten der RUB wie Moodle vertraut zu machen. Auf diesen Vorarbeiten konnten wir jetzt aufbauen und die meisten studienvorbereiteten Angebote wie zum Beispiel Tutorien und Informationsveranstaltungen digital umsetzen.

Wichtig war und ist dabei, die Teilnehmenden auf das System Universität vorzubereiten sowie ihnen zu ermöglichen, soziale Kontakte zu knüpfen. Dafür stehen uns jetzt viel mehr digitale Tools wie Youtube-Tutorials, die unter anderem unsere studentischen Hilfskräfte erstellt haben, zur Verfügung und wir können diese langfristig nutzen.

Ist es möglich, auch eine Art Gemeinschaftsgefühl unter den Teilnehmenden aufzubauen?
Blümel: Der direkte, persönliche Austausch mit den Geflüchteten in der Vor-Ort-Beratung fehlt uns Mitarbeitenden genauso wie den Teilnehmenden. Wir haben zwar alle Beratungsangebote aufrechterhalten und sprechen viel über Telefon oder Video, aber persönliche Stimmungen lassen sich darüber nicht immer gut auffangen.

Wir freuen uns sehr, dass sich so mehr Frauen in die Veranstaltung einwählen.

– Lisanne Blümel

Zusätzlich bieten wir aber beispielsweise das Sprachcafé in einer Online-Variante an, sodass auf diesem Weg Kontakte geknüpft werden können. Wir freuen uns sehr, dass sich so mehr Frauen, die zum Beispiel kleine Kinder betreuen müssen, in die Veranstaltung einwählen. 

Können Sie schon ein Fazit dieses Online-Semesters ziehen?
Herrlich: Wir sind sehr froh darüber, dass das Programm weiterhin durch das Engagement der Mitarbeiterinnen und unserer Hilfskräfte getragen wird, die viel Kreativität und Energie investieren, um die Geflüchteten bestmöglich zu unterstützen. Trotzdem lernt man natürlich eine Sprache und eine Kultur vor allen Dingen durch die Interaktion mit anderen und wir hoffen sehr, dass wir im nächsten Semester im kleinen Kreis wieder vor Ort Veranstaltungen anbieten können.

Wir sehen aber auch, dass es für alle Studierende immer wichtiger wird, sich online gut selbst zu organisieren und haben für unsere Programm-Teilnehmenden gute Wege gefunden, dies zu gewährleisten.

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