Wir brauchen einen Quantensprung für das Bildungssystem

DIGITALE OFFENSIVE

Die Digitalisierung der Bildungslandschaft wurde in Deutschland weitestgehend verschlafen. Das müssen wir angesichts der Corona-Krise aktuell leider ganz akut feststellen. Schulen wurden geschlossen, die Ausstattung, um stattdessen Unterricht digital anbieten zu können, fehlte aber. Deshalb brauchen wir jetzt dringend eine Offensive für digitale Lehre. Dazu gehört kurzfristig, die bürokratischen Hürden zu senken, damit die dringend benötigten Mittel aus dem DigitalPakt Schule schneller bei den Schulen ankommen. In Baden-Württemberg beispielsweise wurden erst 0,6 Prozent der Fördermittel bewilligt. Doch man muss auch bei den Lehrer* innen ansetzen: Digitalisierung bzw. digitale Unterrichtsgestaltung muss eine größere Rolle im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbildung spielen. Es könnte etwa eine bundesweite Anlaufstelle zur Unter-stützung der Lehrer/innen vor Ort eingerichtet werden, in der u.a. Fragen zum Datenschutz geklärt werden. Schulen und Lehrer/innen könnten so auch unkompliziert aus einem Pool geprüfter digitaler Lerninhalte die besten Angebote auswählen. Digitalisierung muss individuelle Bildungswege und individuelle Förderung von Schüler/innen unterstützen. Blended Learning, Lernen in kleinen Gruppen, individuelle Aufgabenstellungen, neue Methoden – Schulen und Lehrer brauchen die Freiheit, Unterricht kreativ und individuell gestalten zu können.

WELTBESTE BILDUNG FÜR ALLE SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

Wir müssen dafür Sorge tragen, dass der Zugang zu Bildung nicht vom elterlichen Geldbeutel abhängt. Viele Schüler/innen haben kein eigenes Zimmer, in das sie sich zum Lernen zurückziehen können. Auch die Betreuung der Eltern beim Homeschooling spielt eine Rolle. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass jede/r Schüler/in einen eigenen Computer, Laptop oder ein eigenes Tablet zum Lernen zur Verfügung hat. Insbesondere dieses Problem wurde von der Regierung in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt. So dürfen die Mittel aus dem Digitalpakt bisher nur sehr begrenzt dazu genutzt werden, digitale Endgeräte für bedürftige Schüler zu finanzieren. Das Ziel muss lauten: Weltbeste Bildung unabhängig von der sozialen Herkunft. Sozial benachteiligte Schüler dürfen nicht abgehängt werden.

DIGITALPAKT 2.0

Engagierte Lehrkräfte vor Ort meistern die Improvisationsphase während der Krise in beeindruckender Weise. Doch wir müssen aus der Krise für die Zukunft lernen. Wir brauchen einen Innovations-schub für unser Bildungssystem. Es braucht Onlinekurse mit guten Inhalten, geschultes Lehrpersonal und einen Zugang zu mobilen Endgeräten für alle. Es reicht nicht, nur in digitale Technik zu investieren. Wir müssen auch sicherstellen, dass die Technik professionell gewartet wird, dass sich Lehrer für den digitalen Unterricht fortbilden und dass ausreichend Budget für digitale Schulbücher zur Verfügung steht. Dazu brauchen wir einen Digitalpakt 2.0, der eine nachhaltige Finanzierung für die Schulen sicherstellt.

Dieser Beitrag wurde von Dr. Jens Brandenburg verfasst und erschien im kürzlich veröffentlichten Arbeitspapier Digitale Bildung nach Corona. Dr. Jens Brandenburg ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages für die Region Rhein-Neckar. Für die Fraktion der Freien Demokraten ist er Sprecher für Studium, Berufliche Bildung und Lebenslanges Lernen sowie für LSBTI. In der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Welt“ ist er Obmann für seine Fraktion. Seit Januar 2019 ist er Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung“ der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag.

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