Zwischen Flexibilität und der Suche nach sozialem Kontakt

Die Universität Augsburg zieht mit einer Befragung ihrer Studierenden Bilanz zum digitalen „Corona-Semester“

Beitrag der Universität Augsburg

Mit den einschneidenden Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus hat sich im April auch an der Universität Augsburg vieles geändert. Das Sommersemester 2020 musste in kürzester Zeit komplett auf digitale Lehre umgestellt werden. Um für das kommende Wintersemester, in dem die Studierenden teils digital und teils vor Ort sein werden, gut aufgestellt zu sein, hat die Universität die Studierenden befragt, wie das Online-Semester im Sommer für sie verlaufen ist.

Das Sommersemester 2020 begann für Studierende wie Lehrende im April sehr ungewohnt. Innerhalb von kurzer Zeit hatte die Universität Augsburg ihr Lehrangebot in den digitalen Raum verlegt. Die bayerischen Universitäten und das Wissenschaftsministerium hatten sich zu diesem Schritt entschlossen, um den Lehrbetrieb auch unter den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie aufrechterhalten zu können und so sicherzustellen, dass Studierende ihr Studium weiter absolvieren können.

„Für alle hat dies einen enormen Kraftakt bedeutet“, meint Prof. Dr. Werner Schneider, Vizepräsident für Lehre und Studium. „Insgesamt konnten wir 88 Prozent der üblichen Lehrveranstaltungen digital anbieten. Uns ist es jetzt aber wichtig, nach diesem rein digitalen Sommersemester zu analysieren, wo Verbesserungspotenzial besteht und wo Bestandteile der Online-Lehre auch langfristig integriert werden können. Deshalb haben wir alle Studierenden eingeladen, an einer Befragung teilzunehmen“. Knapp 4000 Studierende der Universität Augsburg kamen dem Aufruf nach.

IT-Ausstattung

Erfreulicherweise zeigen sich über zwei Drittel der Befragten positiv hinsichtlich der technischen Umsetzung der digitalen Lehre. Auch verfügt die Mehrheit der Studierenden über gute technische Ausrüstung, um auf die Inhalte zugreifen zu können. Nur für 13 Prozent der Befragten wäre es eine große Erleichterung, wenn Sie von der Universität ein Notebook für eine bestimmte Zeit ausleihen könnten. „Hier setzten wir für das kommende Wintersemester an und werden bei Bedarf die Möglichkeit bieten, entsprechende Hardware auszuleihen“, sagt Schneider. Probleme gab es bei einem Drittel der Befragten bei der Internetanbindung: In ihren Wohnorten war diese teilweise zu schlecht ausgebaut, um auch mit größeren Datenmengen problemlos zu arbeiten. „Dass nicht alle die perfekte technische Ausgangslage für die digitale Lehre haben, ist uns bewusst. Deswegen haben wir von Anfang an darauf geachtet, dass die Studieninhalte auch asynchron verfügbar sind“, meint Schneider. Prüfungsrelevante Video-Vorlesungen werden aufgezeichnet, Lernmaterial steht zum Download zur Verfügung. So können diejenigen, die eine schlechte Internetverbindung haben, die Inhalte auch an einem anderen Ort herunterladen und dann zu Hause damit arbeiten.

Der Zugriff auf benötigte Software wird in der Umfrage oft genannt. Da die Computerräume auf dem Campus geschlossen wurden, hat die Universität reagiert und mit Softwareherstellern verhandelt, dass Programme, die normalerweise nur auf den Campus-Computern genutzt werden können, nun auch von zu Hause zugänglich sind

Digitale Lehre

Die Lernplattform Digicampus und Videokonferenzen stellten die beiden Hauptelemente der digitalen Lehre im Sommersemester 2020 dar. Dabei werden ausgearbeitete Präsentationen und Skripte bereitgestellt (von 86 Prozent der Befragten genutzt) – oft auch als vertonte Präsentation, bei der die Dozierenden dazu sprechen. Bereitgestellte Literatur zum Selbststudium haben 64 Prozent genutzt. 29 Prozent haben für ihr Studium auf eLearning-Kurse zurückgegriffen.

In der Wahrnehmung der befragten Studierenden ist die zeitliche Flexibilität gestiegen, allerdings ist auch die Arbeitsbelastung gestiegen. „Studierende, die mit Struktur und selbstdiszipliniertem Lernen Probleme haben, spüren diese jetzt noch viel mehr“, meint Dipl.-Psych. Kerstin Jähne von der Zentralen Studienberatung der Universität Augsburg. Auch das subjektive Arbeitspensum sei durch das Selbststudium gestiegen, Struktur und Selbstmotivation die großen Themen der Studierenden.

Positiv ist, dass für 70 Prozent ein ungestörtes Arbeiten an ihrem Arbeitsplatz zuhause möglich ist. Insgesamt betrachtet wurde die Einsatzbereitschaft der Dozentinnen und Dozenten gelobt, die auch im Rahmen der kurzen Vorbereitungszeit ihr Bestes gaben, Lehrinhalte digital zu präsentieren und mit technischen Alternativen mit ihren Studierenden in Kontakt zu bleiben. Für die Lehrenden wurde vor Beginn des Sommersemesters kurzfristig ein spezielles Weiterbildungsprogramm angeboten, wie sie digitale Lehre umsetzen können. Die Resonanz war groß – über 700 der 1.110 Dozierenden haben daran teilgenommen. Was die Studierenden vermissen, ist der soziale Kontakt zu den Lehrenden sowie zu Kommilitoninnen und Kommilitonen, der sich – nachvollziehbarer Weise – stark reduziert hat.

Es zeigt sich, auch wenn das Sommersemester 2020 an der Universität Augsburg gute Noten erhalten hat, dass die befragten Studierenden in ihrer Bewertung teils auch weit auseinander liegen: Die einen sehen das digitale Semester durchwegs positiv und wünschen sich Online-Lehre als Standard, weil sich diese besonders gut mit Nebenjobs vereinbaren lässt und Inhalte einfach wiederholt werden können. Für die anderen stellt das Lernen zu Hause, der fehlende soziale Kontakt sowie die digitalen Lehrformate größere Herausforderungen dar. Diese Unterschiede sind nachvollziehbar, da sich manche Fächer und Themen mehr oder weniger gut fürs Unterrichten im Netz eignen. „Kunst, Sport, Musik, Exkursionen, physikalische Experimente lassen sich digital nicht in der Qualität abbilden, die wir uns wünschen“, sagt Vizepräsident Schneider. Daher habe die Universität für diese Bereiche bereits im Sommersemester wieder in geringem Maße Präsenzveranstaltungen angeboten.

Hybrides Wintersemester

Für das Wintersemester wir das hybride Konzept hier Abhilfe schaffen. „Es wird Online-Lehre, Präsenzveranstaltungen und Formate geben, die beides kombinieren“, erklärt Schneider. Speziell für Erstsemester wird es Angebote geben, die diesen nicht nur inhaltlich einen guten Start ins Studium ermöglichen, sondern auch persönliche Kontakte zu anderen Studierenden ermöglicht.

Auch wenn die unter den geltenden Hygienebedingungen nutzbaren Raumkapazitäten eingeschränkt sind, mit dem hybriden Semester soll für Studierende und Lehrende ein Schritt zurück zur Normalität stattfinden. Digitale Angebote, die von Studierenden positiv bewertet werden, werden weiterentwickelt und können auch in Zukunft die Präsenzlehre ergänzen.

Zum Originalbeitrag vom 07.09.2020

 

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