Was KI-Hasen und Karten mit der Literaturrecherche zu tun haben

Ein Beitrag von Dr. Andrea Klein

Google Scholar und auch Connected Papers sind in Bezug auf die Recherche von Literatur inzwischen für die meisten keine Geheimtipps mehr. Aber Tools wie Research Rabbit, Open Knowledge Maps oder Litmaps sind den meisten Lernenden (und Lehrenden) noch unbekannt. Im Folgenden werden die drei Tools vorgestellt und gerankt. Nach diesem kurzen Einstieg sollten Sie als Lehrende:r die Tools selbst auch einmal testen, damit Sie Ihren Studierenden fundierte Empfehlungen geben können.

3. Open Knowledge Maps

Platz 3 im Ranking erreicht Open Knowledge Maps. Das Literaturrecherche-Tool spuckt über eine Schlagwortsuche die 100 relevantesten Quellen zum gesuchten Thema aus. Bei der Suche können die Boolesche Operatoren angewendet werden – diese werden entsprechenden bei den Ergebnissen berücksichtigt. Zudem kann entschieden werden, ob über PubMed (Naturwissenschaften) oder in der BASE (Bielefeld Academic Search Engine; alle Disziplinen) gesucht werden soll.

SuchmaskeOpenKnowledgeMaps
Suchmaske Open Knowledge Maps

Leider ist unklar, wie das Tool über die Relevanz der Quellen entscheidet. Laut FAQ werden die Rankings direkt von PubMed und BASE übernommen. Oft erweckt es jedoch den Anschein, als würden die ausgewählten Quellen nicht mit den tatsächlich relevanten Artikeln aus dem gesuchten Themengebiet übereinstimmen. Besonders fällt dies auf, wenn man mit den Boolschen Operatoren sucht. Recherchiert man beispielsweise nach Quellen zum Thema „ai AND academic writing“ sucht Open Knowledge Maps auch Artikel heraus, die sich nur mit einem Teil der Rechercheanfrage beschäftigen. Zudem erhält man beispielsweise auch Artikel eines Forschenden mit dem Namen „Ai“ oder einen französischen Artikel, der das Verb „ai“ enthält. Das hängt damit zusammen, dass Open Knowledge Map die Artikel und Metadaten nach den gesuchten Worten filtert, aber offensichtlich nicht prüft, ob es sich dabei um thematische Zusammenhänge handelt.

Die Ergebnisse werden anhand von Artikel-Metadaten (Titel, Abstract, Schlagwörter, etc.) thematisch sortiert in einer Art Concept Map in verschieden großen Kreisen dargestellt. Ähnlich einem Venn-Diagramm überschneiden sich die Kreise, wenn die Themen Gemeinsamkeiten aufweisen. Kreise, die keine Gemeinsamkeiten mit den restlichen Themen haben, werden abgesondert gezeigt (siehe „extreme weather“ in der Abbildung). Die Themenkreise sind jeweils mit Schlagwörtern beschriftet, die die zugeordneten Artikel gemeinsam haben – leider sind diese oft nicht besonders aussagekräftig und können in verschiedensten Sprachen (je nach Quellen, keine Filtermöglichkeit) verfasst sein.

Ausschnitt visualisierte Suchergebnisse bei Open Knowledge Maps

Zudem erscheinen die Ergebnisse noch einmal neben der visualisierten Darstellung in einer gesonderten Liste, die nach unterschiedlichen Kriterien sortiert werden kann. Die Sortierkriterien sind: Relevanz, Titel, Autor:in und Erscheinungsjahr. Zusätzlich können auch nur Open-Access-Ergebnisse herausgefiltert werden, bei denen man direkt von Open Knowledge Maps auf die PDF zugreifen kann.

Die Ergebnisse können leider nicht abspeichert werden, so dass es eine Wiederaufgreifen der Recherche zu einem späteren Zeitpunkt nicht möglich ist. Sobald eine neue Suche gestartet wird, sind die Ergebnisse der vorherigen Suchen verloren. Allerdings können die einzelnen Ergebnisse als BibTex-Datei exportiert und in eine Literaturverwaltungssoftware übernommen werden. Open Knowledge Maps stellt außerdem Quellenangaben in verschiedenen Zitierstilen zu den Quellen zur Verfügung, die sich herauskopieren lassen.

2. Litmaps

Litmaps schafft es auf Platz 2, denn es vereint die Recherche und das Abspeichern der Suchergebnisse – ein Feature, das bei Open Knowledge Maps fehlt. Die Suche startet mit einem bestimmten Paper – wenn kein Ausgangspaper vorliegt, können über die Eingabe von Schlagwörtern relevante Artikel gefunden und ein ansprechendes Ausgangspaper ausgewählt werden. Anhand des gewählten Ausgangartikels wird dann innerhalb von Sekunden weitere Literatur gefunden.

SuchergebnisseDarstellungLitmaps
Darstellung der Ergebnisse bei Litmaps

Die Aufteilung der Ansicht ist ähnlich wie bei Open Knowledge Maps, nur spiegelverkehrt – auf der linken Seite befindet sich die Liste der Artikel und auf der rechten Seite die Visualisierung der Ergebnisse. Anders als bei Open Knowledge Maps stellt Litmaps die Rechercheergebnisse in einem anschaulichen Graph dar. Neben Artikeln, die im Ausgangsartikel zitiert werden, wird auch neuere Literatur, die diesen Artikel zitiert, angezeigt. So kann man sich schnell und effizient durch ein Netzwerk an Artikeln zum ausgewählten Thema klicken – und alle interessanten Werke können mit einem Klick in die eigene Map aufgenommen werden. Diese Map lässt sich – sofern man einen Account erstellt hat – speichern, so dass später auf die Ergebnisse zurückgegriffen oder die Recherche fortgesetzt werden kann. 

Das neue Feature „Discover“ bietet zudem die Möglichkeit die Suche mit mehreren Ausgangsartikeln zu starten, so dass noch schneller mehr Ergebnisse geliefert werden. Die Discover-Suchen können gespeichert und überwacht („monitor“) werden, so dass Litmaps Benachrichtigungen verschickt, wenn ein neuer Artikel erscheint, der zur Suche passt. Ein Pro-Account für 10 Euro im Monat bietet für diese Funktion noch weitere Möglichkeiten, wie z. B. die Suche um Zitationen zweiten Grades erweitern oder beliebig viele Artikel in einer Map darstellen.

Neues Feature “Discover” in Litmaps

Litmaps bietet zu vielen Artikeln Abstracts an – zudem werden in der Artikelansicht auch noch mal alle zitierten Werke und Quellen, die den ausgewählten Artikel zitieren, aufgelistet. Die erstellten Maps können mit Außenstehenden (bspw. Kommiliton:innen, mit denen Studierende an einer Gruppenarbeit arbeiten) geteilt und die Quellenangaben der Artikel als BibTex-, RIS- oder CSV-Datei exportiert werden. Auch der Download frei verfügbarer PDFs funktioniert zum Teil (über die DOI-Seite der Artikel), ist jedoch nicht ganz so intuitiv wie bei Open Knowledge Maps oder Research Rabbit.

1. Research Rabbit

Eindeutig der Gewinner dieses Rankings! Warum? Research Rabbit verbindet die Vorteile von Litmaps mit einer leichten Handhabung und einer spannende Extrafunktion.

Auch Research Rabbit startet mit einem Ausgangsartikel. Dieser kann per Schlagwortsuche, Eingabe der DOI oder des Titels sowie durch den Import via BibTex oder RIS gefunden werden. Auch eine Verbindung zur Literaturverwaltungssoftware ist möglich, so dass der Ausgangsartikel auch aus der eigenen Literaturdatenbank stammen kann. 

Finden eines Ausgangsartikel bei Research Rabbit

Nach der Auswahl eines Ausgangsartikel kann – ähnlich wie bei Open Knowledge Maps – im nächsten Schritt ausgewählt werden, ob im Bereich Naturwissenschaften (PubMed) oder anderen Disziplinen (SemanticScholar) gesucht werden soll. Bei den Ergebnissen führt Research Rabbit neben den zitierten Werken und Werken, die den Artikel zitieren, auch ähnlichen Artikel auf. Darüber hinaus werden auch weitere Artikel der jeweiligen Autor:innen und Artikel von weiteren, vorgeschlagenen Autor:innen angezeigt. Hat man sich entschieden, welche Artikel genauer betrachtet werden sollen, erhält man eine grafische Visualisierung der Arbeiten, die sich ähnlich gestaltet wie die Darstellung bei Litmaps.

Visualisierung der Rechercheergebnisse bei Research Rabbit

Von jedem beliebigen Punkt aus kann man sich einfach weiter klicken und die Artikel zur eigenen Sammlung hinzufügen oder eine neue Visualisierung erstellen lassen, so dass man schnell einen breit gefächerten Überblick über relevante Literatur erhält.

Neben den unter Litmaps genannten Vorteilen bietet Research Rabbit die Möglichkeit, die Rechercheergebnisse direkt in die Literaturverwaltungssoftware Zotero zu exportieren. Auch frei verfügbare PDFs lassen sich schneller erreichen als bei Litmaps. Zudem können Artikel mit Kommentaren versehen werden, so dass man sich schon bei der Recherche Notizen machen kann – z. B. dazu, wie wertvoll ein Artikel für die eigene Arbeit ist. 

Alle drei der genannten KI-Tools sind eine Bereicherung für die Literaturrecherche und können Studierenden für diese Phase des wissenschaftlichen Arbeitens empfohlen werden.

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Neu in der 3. Auflage – Wissenschaftliche Arbeiten schreiben

Aktuell ist die dritte Auflage von „Wissenschaftliche Arbeiten schreiben: Ganz einfach und Schritt für Schritt zur erfolgreichen Bachelor- und Masterarbeit-Arbeit. Praktischer Leitfaden mit über 100 Software-Tipps“ (mitp) erschienen. Es handelt sich dabei um eine motivierende Anleitung für das erfolgreiche Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten. Der Leitfaden zeigt hilfreiche Methoden auf, um Aufgaben leichter und effizienter zu bewältigen. Im Fokus: der Einsatz von Software und – neu in dieser Auflage – KI-Tools als sinnvolle Unterstützung und Arbeitserleichterung in allen Phasen des wissenschaftlichen Arbeitens.

ISBN: 978-3747507001
24,99 Euro
344 Seiten

Dr. Andrea Klein arbeitet als Dozentin, Coach und Autorin für das Thema Wissenschaftliches Arbeiten. Sie ist Vorstand des Vereins Promoting Academic Research and Writing – an international network (PARWIN e.V.), Gründungsmitglied des Virtuellen Kompetenzzentrums für Schreiben lehren und lernen mit KI (VK: KIWA) und Mitglied der European Association for the Teaching of Academic Writing (EATAW) sowie der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung (gefsus).

Arbeitsschwerpunkte: Wissenschaftliches Arbeiten und Forschen, Entwicklungsorientierung, Hochschuldidaktik, Künstliche Intelligenz im Zusammenhang mit wissenschaftlichem Arbeiten.

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